Drei Haselnüsse für Aschenbrödel

Bühnenfassung von Uli Jäckle nach dem gleichnamigen tschechisch-deutschen Märchenfilm von Václav Vorlíček und František Pavlíček

 Mit Nikolaus und Rosalie zum Fest

„Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ feiert umjubelte Premiere

Kann ein beliebter Film-Klassiker wie „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ auf der Bühne funktionieren? Er kann! Und wie! Bei der Premiere des Märchens am Sonnabend im Großen Haus des Theaters Vorpommern waren die kleinen und großen Zuschauer restlos begeistert. Denn auch wenn die eigentliche Zielgruppe die jüngeren Besucher sind, hatten vor allem die älteren Besucher ihren Spaß.

Regisseur Arnim Beutel ist das Kunststück gelungen, dass man in der kurzweiligen Vorstellung schnell den Vergleich mit dem Film sausen lässt. Er habe zwar Respekt vor der Herausforderung gehabt, sagt Beutel, aber „je mehr man sich mit dem Stoff beschäftigt und immer weiter in das Bühnenstück eintaucht, desto mehr entfernt man sich vom Film.“ Die Herausforderung sei es gewesen, dass die Zuschauer, die Bilder, die sie vom Film im Hinterkopf haben, vergessen. Und das ist auf keinen Fall ein Nachteil, denn so haben die „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ am Theater Vorpommern eine ganz eigene Handschrift und kehren trotz allem immer wieder zum Film zurück. Was nicht zuletzt daran liegt, dass zum einen die Originalkompositionen von Karel Svoboda zu hören sind (Achtung! Ohrwurmgefahr!) und zum anderen beliebte Figuren des Films auf der Bühne nicht fehlen.

Das ist wohl einer der größten Clous, der dem Ensemble gelungen ist. Denn die heimlichen Stars auf der Bühne sind die Tauben Claudette (Felix Meusel) und Hansi (Marvin Rehbock) und – selbstverständlich – die Eule Rosalie. „Wir haben zwar nicht so viele Tauben wie im Film, aber unsere quatschen dafür mehr“, sagte Dramaturg Oliver Lisewski im Vorfeld. Und bei diesem Gequatsche lohnt es sich, genauer hinzuhören, sonst gehen die überraschenden Wortspiele schnell im Gegurre unter.

Zwar nicht so redselig, aber dafür liebenswert gestaltet, ist die Schlüsselfigur der Eule Rosalie – doch an dieser Stelle wird nicht alles verraten. In jedem Fall haben die Bühnen- und Kostümbildner Andrea Eisensee und Martin Fischer ganze Arbeit geleistet. Staunend verfolgten die jüngsten Zuschauer, wie schnell sich das Bühnenbild veränderte und aus dem Wald plötzlich der Ballsaal im Schloss wurde. „Wir versuchen, alles zu bewegen, was wir haben, und der ganze Zauber, der uns zur Verfügung steht, wird genutzt“, sagt Oliver Lisewski. Für ordentlich Stimmung auf der Bühne sorgten indes eine spiellustige Claudia Lüftenegger als Stiefmutter und eine im wörtlichen Sinne quietschvergnügte Sarah Bonitz als Dorchen. Die beiden zusammen auf der Bühne waren eine Wucht: an Wortgefechten, Farben und lustigen Szenen. Daneben die fast zarte und bezaubernde Feline Zimmermann als Aschenbrödel und Gregor Imkamp als heiratsmuffeliger Prinz. An seiner Seite als privater Lehrer Lutz Jesse, der dem Prinzen in der Bühnenfassung nicht nur ein prinzenwürdiges Winken beibringen möchte, sondern eine paar nette Lebensweisheiten mit auf den Weg gibt.

Das Fazit dieses Weihnachtsmärchens: Arnim Beutel und dem Ensemble des Theaters Vorpommern ist es gelungen, eine zauberhafte, ganz eigene Interpretation des Film-Klassikers auf die Bühne zu bringen.

Miriam Weber, Ostsee-Zeitung

KritikOstseezeitung, 19.11.2018

 
Regie:Arnim Beutel
Ausstattung:Andrea Eisensee, Martin Fischer
Musik arrangiert vonFrank Obermair nach Karel Svoboda
Dramaturgie:Oliver Lisewski
Choreographie:Thomas Böhmer
Regieassistenz/Inspizienz:Finja Jens
Soufflage:Bénédicte Gourrin
Es spielen:
Aschenbrödel:Feline Zimmermann
Gutsherrin, Aschenbrödels Stiefmutter:Claudia Lüftenegger
Dorchen, Aschenbrödels Stiefschwester:Sarah Bonitz
Prinz / Nikolaus / Knecht IgorGregor Imkamp
König / Magd Gerda:Tobias Bode
Königin / Rosalie / Magd Cilly:Anne Greis
Lehrer / Magd ChristlLutz Jesse
Taube Claudette / Ballgast / Knecht ReinhardFelix Meusel
Taube Hansi / Vincek / Ballgast:Marvin Rehbock
Fotos:Vincent Leifer
Premiere:17. November 2018
Theater Vorpommern Stralsund

Das Abschiedsdinner

von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière

„(…) 100 Minuten lang entspinnt sich zwischen den drei Figuren ein aufregender Meinungsaustausch – immer schnell, immer witzig, immer unvorhersehbar. Das Bühnenbild (Arnim Beutel) ist simpel – abgesehen von einer Garderobe, einer Topfpflanze, einem Sofa, Sessel und einem Tisch ist die Einrichtung des Ehepaars Lecoeur nur grob als Zeichnung skizziert. Einfach und ausreichend, denn die Drei Darsteller füllen die Bühne mit Leben. (…)“

Janna Fleddermann, Volksstimme

„(…) Das Publikum lacht amüsiert laut und viel, oft zu recht. Sprachwitz und Giftpfeile verschießen, aber auch die nachdenklichen Augenblicke gestalten, das gelingt dem Trio famos. ‚Tote Äste muss man abschneiden, wenn ein Baum nachwachsen soll’, doziert der Verleger Pierre. Doch das Weich-Ei Stefan Werner Dick, der sich aus gegebenem Anlass in einen Kaftan gewandet hat, findet mal wieder die Säge nicht. (…)“ „(…) So erlebt das Publikum in der ausverkauften Quedlinburger Neuen Bühne eine Analyse-Sitzung und einen Schlagabtausch zweier gestandener Männer, die alles hervorkramen, was sie lange verschwiegen haben. Mit sicher gesetzten Pointen genießen sie das beim teuren Jahrgangswein. Von manchen Menschen kommt man halt nicht los.“

Uwe Kraus, Mitteldeutsche Zeitung

Inszenierung / Ausstattung:Arnim Beutel
Dramaturgie:Daniel Theuring
Regieassistenz / Inspizienz:Charlotte Hohlstein
Pierre Lecoeur:Stefan Werner Dick
Clotide Lecoeur:Swantje Fischer
Antoine Royer:Arnold Hofheinz
Fotos:Ray Behringer
Premiere:10. Mai 2018
Nordharzer Städtebundtheater

Mama und Papa Pavian, Herr und Frau Mufflon und das Murmeltiermädchen leben zufrieden in ihrem Gehege, doch dann wird ein neuer Bär geliefert und stellt den Alltag und die Ordnung aller Zoobewohner auf den Kopf. Er stellt unbequeme Fragen über die merkwürdigen Zebrawesen auf der anderen Seite des Zauns und will der Ursache des üblen Gestanks auf die Spur kommen. Das passt den Gestiefelten sowie einigen Zoobewohnern gar nicht in den Kram. Und dann ist da auch noch das Nashorn und die Frage, was es sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute. Als der Bär es nicht länger aushält, fasst er einen folgenschweren Plan …

1994 wurden Teile des verschütteten und überwachsenen Zoos im Konzentrationslager Buchenwald freigelegt und sind heute wieder zugänglich. Jens Raschke hat mit „Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“ ein Stück über die Frage: Bär oder Pavian? geschrieben.

Inszenierung: Arnim Beutel

Bühne und Kostüme: Maike Buschhüter

Dramaturgie: Sascha Löschner

Regieassistenz/ Abendspielleitung/ Inspizienz: Kathleen Friedrich

Soufflage: Luzie Hadlich a. G.

Fotos: Vincent Leifer

Es spielen

Erster / Murmeltiermädchen:  Anne Greis
Zweiter / Papa Pavian: Ronny Winter
Dritter / Der Bär: Tobias Bode /, Mike Hermann Rader a. G.
Vierter / Herr Mufflon: Manfred Ohnoutka / Mario Gremlich a. G.

Premiere: 18. März 2018 Theater Vorpommern

 

Der Weltverbesserer

von Thomas Bernhard

 Ein-Mann-Show eines „Scheusals“

Er ist ein Scheusal, und er weiß es. Am Samstag feierte das Hessische Landestheater Premiere mit Thomas Bernhards „Der Weltverbesserer“. Anschauen!

Marburg. Einsam hockt der Weltverbesserer in seinem ­weißen Nachthemd auf einem­ Lehnstuhl. Es ist eher ein Thron – und mindestens der steht ihm doch zu. Die Ehrenkette der Stadt Frankfurt hat er schon. Jetzt soll er noch Ehrendoktor werden. Schließlich hat er ein Traktat zur Verbesserung der Welt geschrieben, das die Abschaffung der Welt vorsieht. Es hat ihm Ruhm gebracht und Einnahmen. Doch niemand außer ihm versteht seine Abhandlung.

Alles bereitet dem Weltverbesserer Verdruss. Das Buch, das er gerade liest. Das Wetter, die Mäuse im Haus, die Dummheit der Welt, die Natur, der Süden, die Stadt, in der er lebt – überhaupt jede Stadt und ganz besonders Interlaken. Er hasst die Schweiz. Die Schweiz ist schuld an seinem Zustand, an seinen vielen vermeintlichen Gebrechen. Und er verabscheut die Menschen, ganz besonders die Frau, die er seit 20 Jahren herumscheucht, der er dauernd einander widersprechende Befehle hinterher schreit. Er nennt sie „seine Lebensgefährtin“, sein „notwendiges Übel“ und „verlogene Ratte“. Und sie nimmt alles hin. Jürgen Helmut Keuchel spielt diesen Misanthropen aus der Feder des Österreichers Thomas Bernhard, der selbst als äußerst schwierige Persönlichkeit galt. Bernhard sagte einmal, er habe­ seine Stücke immer nur für Schauspieler, nie für das Publikum geschrieben. „Der Weltverbesserer“ war gedacht für Bernhard Minetti – „wen sonst“. Erst nach Minettis Tod hat der störrische Autor das Stück auch für andere Schauspieler freigegeben hat. Jetzt spricht, flüstert, schreit und stöhnt Jürgen Helmut Keuchel diesen großen Monolog eines Mannes, der in seiner Eitelkeit nur schwer zu ertragen ist. Dennoch macht es ungeheuren Spaß, Keuchel dabei zuzuschauen, denn „Der Weltverbesserer“ ist eine witzige Tragödie (oder tragische Komödie) über einen gelehrten Idioten. 80 Minuten spricht fast nur Keuchel. Es ist eine unglaubliche Menge Text, die er bewältigt – noch dazu schwieriger Text, weil der Weltverbesserer permanent die Themen wechselt, während er auf die Honoratioren wartet, die ihm die Ehrendoktorwürde überreichen. Die Frau, mit einer geradezu teuflischen Engelsgeduld, gespielt von Insa Jebens, ist ein Spiegel dieses Egomanen. Man fragt sich vergeblich, was die beiden aneinanderkettet.

Regisseur Arnim Beutel und Ausstatterin Sabine Pommerening siedeln den „Weltverbesserer“ auf einer schmucklosen weißen, sich nach hinten verengenden Bühne an. Alles ist dem monologisierenden Haustyrannen untergeordnet. Wer Schauspieler-Stücke mag, sollte sich Jürgen Helmut Keuchel nicht entgehen lassen.

Oberhessische Presse, 12. September 2017  (Uwe Badouin)

Inszenierung:Arnim Beutel
Ausstattung:Sabine Pommerening
Dramaturgie:Franz Burkhard
Regieassistenz / Inspizienz:Twyla Zuschneid
SoufflageBernd Kruse
Es spielen:
Der Weltverbesserer:Jürgen Keuchel
Die Frau:Inga Jebens
Fotos:Andreas Maria Schäfer
Premiere:9. September 2017
Theater Marburg

Rum & Wodka

von Conor McPherson (deutsch von Christoph Roos und Rachel West)

„ … Es gibt ja so Leute, da will man gar nicht so genau wissen, was die denken. Schon gar nicht eine Stunde lang. Aber die beiden Männer da auf der Bühne, die hat man dann doch schon sehr lieb gewonnen, trotz oder gerade wegen des Irrsinns, den sie in ihren monologisierenden Gehirnen wälzten. Nur dass der eine auf dieser Bühne doch eher noch ein Junge ist, in dem Stück „Rum und Wodka“ vom irischen Autoren Connor McPherson. Dennis Junge spielt da einen Anfang 20-Jährigen, der dem Publikum sozusagen die letzten drei Tage seines Lebens beichtet (Regie Arnim Beutel). In denen er sein bisheriges Leben wie eine Bombe hat hochgehen lassen.
Die Psychologie von Alkohol im Hirn: Je nach Pegel fühlt er sich wie Gott oder der größte Versager im Universum. Komasaufen als Selbstbelohnungsakt in einem zwangskonformen Leben, in dem man sich lieber das Gehirn wegschießt, als die Ohnmacht in einer viel zu früh übernommenen Verantwortung für Frau und Kinder im eigenen Häuschen auszuhalten.
Dennis Junge spielt das ganze Stück mit einem Babybett. Er sitzt drin oder drauf, baut es um und auseinander. Denn sein Absturz endet im Kinderzimmer seiner Töchter. Und das ist jetzt offensichtlich leer.“

von Juliane Voigt Ostsee-Zeitung, 6./7.5.2017

Kritik als PDF

Es spielt: Dennis Junge

Dramaturgie: Sascha Löschner
Fotos: Vincent Leifer

Premiere: 4. Mai 2017  Theater Vorpommern

Sie lieben Spiele. Gesellschaftsspiele wie ‚Das Hausfrauenschänderspiel‘. ‚Komm sei kein Spielverderber, kleiner Georgi‘, ermuntert Collegerektorentochter Martha ihren Ehemann. Was nett klingen mag, ist zum Kotzen. Um es mit Marthas Worten auszudrücken: Martha ‚Du kotzt mich an, George!‘
Das dreiaktige Beziehungsdrama ‚Wer hat Angst vor Virginia Woolf?‘ von Edward Albee ist nichts für Sensibelchen. Regisseur und Schauspieler Arnim Beutel inszenierte den Eheklassiker für das Theater Vorpommern nach einer Übersetzung von Pinkas Braun. Sonnabend hatte er in Greifswald Premiere. Auf den ersten Blick scheint das Stück die realistische Szenerie eines Ehestreits darzustellen:

Geschichtsprofessor George und seine Ehefrau Martha zanken und streiten sich beim Whiskey mit dem jungen ehrgeizigen Biologieprofessor Nick (Fabian Prokein) und seiner naiv-angepassten Ehefrau Honey (Anna Luise Borner).
Mehr aus Lust am Gewaltspiel entzünden sie eine Verbalexplosion gegenseitiger Beschuldigungen und Erniedrigungen. Als ‚Versager‘ oder ‚Schlappschwanz ohne Persönlichkeit‘ bezeichnet Martha ihren George – Demütigungen aufgrund eigener Frustration über die Kinderlosigkeit. George attackiert sie mit verbalen Nadelstichen. Die beiden Wütenden involvieren Nick und Honey in ihre Psychoduelle, sodass auch das junge Päarchen sich bald vor den Trümmern seiner Etikettenlüge sieht. Während Nick mit der Professorengattin hofiert, geht Honey wie so oft kotzen. Doch auch der potente ‚Mr. America‘ ist nichts weiter als ein ‚Zuchtbulle‘ und ‚Hausbursche‘. Schaut man genauer hin, entpuppt sich der intime Ehekrach als Kritik am gutsituierten amerikanischen Bürgertum – dem American Way of Life – verkörpert von Nick und Honey. ‚Das Stück ist auf keinen Fall ein Ehedrama. Es beinhaltet als philosophische These Adornos Kritik an Oswald Sprengler‘, erklärt der Regisseur. Am Ende gibt es keine Sieger oder Verlierer. Vielmehr folgt Erlösung. Das imaginierte Kind – der amerikanische Traum vom guten Leben – wird von George mithilfe einer rituellen Geisterbeschwörung für tot erklärt. Denn der Traum beruht auf einer Lüge. Erlöst summen George und Martha ‚Wer hat Angst vor Virginia Woolf‘. Mit seiner dreistündigen Psychoanalyse des US-amerikanischen Lebensstils hat Beutel ins Schwarze getroffen: Besser hätten die präzisen, von Bitterkeit und Zynismus strotzenden Dialoge Albees vor dem Hintergrund eines 60er-Jahre-Bühnenbildes mit Korbsesseln und Kennedymöbeln nicht erzählt werden können.
Und Marco Bahr als Zyniker und Kritiker George ist großartig. Umso bedauernswerter, dass dies auf Wunsch des Theaters seine letzte Premiere war und dieselbe mit einem kleinen Eklat endete.

Inszenierung:Armin Beutel
Bühne und KostümeSabine Pommerening
Dramaturgie:Franz Burkhard
Regieassistenz: Kathleen Friedrich
Inspizienz:Vivian Schmidt
Soufflage:Jürgen Meier
George:
Marco Bahr
Martha: Gabriele M. Püttner
Nick:
Fabian Prokein
Honey:Anna Luise Borner
Fotos:Barbara Braun / MuTphoto
Premiere:9. Mai 2015
Theater Vorpommern

Das Theater der unerhörten Dinge (UA)

eine Hausbegehung von Roland Albrecht

Von der Rampensau bis zum Wunsch-Archiv – Die Uraufführung von „Das Theater der unerhörten Dinge“ begeisterte das Publikum in Greifswald

Greifswald. Willkommen in der Welt des Spiels, der Täuschung, des Möglichen und des Unmöglichen, begrüßte Lutz Jesse als Pförtner das Publikum. In schwarzem Frack, Lackschuhen und vornehmer Geste öffnete er die Türen zu den verborgenen Zimmern des Theaters Greifswald.
Die Uraufführung des Stücks Das Theater der unerhörten Dinge erzählte am Wochenende von wunderbaren Begebenheiten, erstaunlichen Geschichten und rätselhaften Gegenständen im Theaterhaus, die dem Publikum bisher verborgen blieben. Arnim Beutel hat die geheimnisvolle Hausbegehung nach dem Autoren Roland Albrecht inszeniert, dem Gründer des Museums der unerhörten Dinge in Berlin. Das Format des Museums wurde hier zum ersten Mal auf ein Theater zu übertragen.
Von 22 Uhr an wurden die 20 Zuschauer von den spontan agierenden Schauspielern Lutz Jesse und Jan Bernhardt gut eineinhalb Stunden in die Geheimnisse des Theaters entführt. Sie begegneten der Rampensau, saßen auf der Bühne, erhaschten einen Blick in den Requisiten- und lernten den Sehnsuchtsraum kennen. Das Theater wird von Sehnsüchten gemacht. Wir sehnen uns nach einer neuen Welt, großen Gefühlen und Ruhm, erzählte Jesse. Humorvoll und ironisch leiteten die beiden Schauspieler durchs nächtliche Haus und entlockten dem Publikum Lacher. Hinweise auf ständige Überwachung per Kamera und elektronische Datenspeicherung in allen Räumen verspotteten den Sicherheitsstaat als Absurdität. Der ewige Autor, der Gedanken von Menschen verschriftlichen kann, erstaunte die Anwesenden ebenso wie das Archiv der Wünsche, das ein Geheimnis des aus Greifswald stammenden berühmten Fußballers Toni Kroos hütet. Das schummrige rote Licht wies den Besuchern den Weg durchs dunkle Gemäuer des Kellers ins Unterbewusste des Theaters.
Schaurig, so kurz vor Mitternacht, erfuhr das Publikum sogar, was es mit den Hausknochen auf sich hat.
Als historischen Rückgriff darauf, dass Greifswald bis 1815 zu Schweden gehörte, warf Jesse bis zum Entnerven Begriffe wie das schwedische Gen und das Volksgen ein: Ich habe ja nichts gegen die Schweden, aber ich muss was gegen sie sagen, der Satz zeugte von beißendem Sarkasmus. Albrecht erklärte: Diese völkische Ideologie-Kritik musste einfach in das Stück. Zu entsetzt war ich, als NPD und AFD bei den Landtagswahlen vergangenes Jahr so viele Stimmen erhielten. Ein sehr gelungenes Stück der anderen Art. (Annemarie Bierstedt) Ostseezeitung, 25. April 2017

museumderunerhoertendinge.de

Dramaturgie: Sascha Löschner
mit: Jan Bernhardt, Lutz Jesse
Fotos: Vincent Leifer

Premiere: 21. April 2017, Theater Vorpommern Greifswald

Die Firma dankt

von Lutz Hübner

… Lutz Hübner … konfrontiert in seinem 2011 uraufgeführten Stück „Die Firma dankt“ die klassisch strukturierte deutsche Unternehmenskultur mit den ziemlich unkonventionellen Arbeitsbedingungen in modernen Start-ups oder digitalen Großkonzernen, wo vermeintlich flache Hierarchien und diverse Wohlfühl-Maßnahmen im Team für größtmögliche Kreativität, Produktivität aber auch Selbstausbeutung und Gewinnmaximierung sorgen sollen.

Doch ganz so schwarz-weiß, wie es auf den ersten Blick scheint, zeichnet die Inszenierung des Mittelsächsischen Theaters, die am Sonnabend im Döbelner Theater Premiere hatte, weder die Figuren, noch deren Handlungen. So wie der Erfolgsautor in seinen Stücken nie eindeutig Partei ergreift, schafft auch Regisseur Arnim Beutel für jede der Rollen immer wieder Situationen, in denen deren Position nachvollziehbar und richtig erscheint. Über jeden kann man lachen, jeden ein bisschen mögen und sich von jedem abgrenzen …“ Thilo Harder, Döbelner Anzeiger 20.03.17

Artikel auf der Seite des Mittelständischen Theaters

Kritik als PDF 1

Kritik als PDF 2

Ausstattung: Tilo Staudte
Ralph Sählbrandt (Adam Krusenstern)
Oliver Niemeier (Sandor Meyer)
Conny Grotsch (Ella Goldmann)
Franka Anne Kahl (Mayumi Selo)
Michael Berger (John Hansen)
Premiere: 18. Februar 2017 Mittelsächsisches Theater

Fotos: Jörg Metzner

Die 81 Min. des Fräulein A.

von Lothar Trolle

Schöne Wanderung durch Welten, Seelen und einen Text

Faszinierend! Theater braucht wenig – und vermag doch zu verzaubern. Aber was heißt wenig? Es ist das, worauf es ankommt: Ein Raum, geschicktes Licht, sehr guter Text, eine Schauspielerin, die den Text nicht nur spielt, sondern auf ihm spielt wie auf einem Instrument (dabei Figuren erblühen lässt – und selbst erblüht).
So führt Schauspielerin Frederike Duggen (Regie Arnim Beutel) den Prosa-Brocken Die 81 Min. des Fräulein Julie von Lothar Trolle am Theater Vorpommern auf, zerlegt mit fröhlicher Spiellust dieses Text-Konstrukt aus überlangen, verschachtelten Sätzen und Klammerausdrücken, in dem Szenenbeschreibung und Figurentext untrennbar vermischt sind. Mit schelmisch-bedeutungsvollen Seitenblicken zum Publikum wandert sie zielstrebig von einem Punkt der Bühne zum anderen, das heißt von einem Komma im Text (oder einer Klammer auf) zum nächsten (oder zur Klammer zu), wandert weiter, geht zurück, nach vorn oder hinten, um eine Figur sprechen zu lassen. Und erntet am Ende Bravos.
… die Supermarktkassiererin aus Lothar Trolles Stück … ist während ihres harten und unterbezahlten Achteinhalb-Stunden-Tages dem Himmel am nächsten – dank sprudelnder Fantasie, in der die Weltliteratur mit Zeus und Noah, Odysseus und König Lear wildeste Purzelbäume schlägt – so dass man künftig jede Kassiererin mit gnädige Frau anreden möchte.

Bravo! (Dietrich Pätzold) Ostsee-Zeitung, 24.12.2016

Artikel in „Theater der Zeit“

 

Inszenierung: Arnim Beutel
Es spielt: Frederike Duggen
Soufflage: Frederike Steinbrückner
Dramaturgie: Hannes Hametner
Premiere: 22. Dezember 2016, Theater Vorpommern
Fotos: Vincent Leifer

 

Aladin und die Wunderlampe

Zauberhafte bunte Märchenwelt...

Ostthüringer Zeitung, 1.11.2016
Das Rudolstädter Theater zeigt „Aladin und die Wunderlampe“ als wundervolle Weihnachtsgeschichte für Kinder ab fünf Jahre Von Ulrike Kern
Rudolstadt. Solch eine goldene Wunderlampe wie Aladin hätte sicher jeder gern. Was man sich damit alles wünschen könnte. Einfach alles! Denn Bao Bao (Kevin Kröber), den man ruft, wenn man dreimal an der Lampe reibt, ist der größte Zauberer und kann deshalb alles erfüllen. „Jeder Wunsch der Erde – sprich, ist ein Kinderspiel für mich. Sagst du’s mir, dann helf‘ ich dir“, reimt er immer, wenn er erscheint, um kurz darauf, wahre Wunder zu vollbringen.
Diese Lampe ruft natürlich auch Neider auf den Plan. Allen voran den etwas chaotischen Kittifix (Tino Kuhn), der ständig beim Reden die Buchstaben verwechselt und sich nicht einmal ein Frühstück herbeizaubern kann, obwohl er selbst ein Zauberer ist.
Damit beginnt im Rudolstädter Theater das Märchen „Aladin und die Wunderlampe“ von Rosmarie Vogtenhuber frei nach der Erzählung aus „1001 Nacht“. Über eine Stunde werden die kleinen und großen Zuschauer mit auf eine wundervolle Reise in den bunten Orient genommen, wo eine Reihe schräger und liebenswerter Figuren wartet. Unter anderem jener Kittifix, der die Wunderlampe dringend braucht, um richtig zaubern zu können. Zwar muss ihm bereits der englische Ringgeist Sir William (Marie Luise Stahl) dienen. Aber der ist nur ein kleiner Zauberer, der zwar Frühstück machen kann. Doch für die großen Dinge bedarf es Bao Bao.
Da aber nur Aladin (Andreas Mittermeier), der arme Schneidersohn, die Lampe aus einer Schatzhöhle holen kann, überredet Kittifix Aladins Mutter (Laura Bettinger), ihm den Sohn auf Reisen mitzugeben. Doch der junge Bursche hat ganz andere Sorgen, denn er will Prinzessin Smillina (Marie Luise Stahl) heiraten, die allerdings ihr Vater, der Sultan (Tino Kühn), schon dem hinterlistigen Großwesir (Kevin Körber) versprochen hatte. Da kommt Aladin die Wunderlampe doch gerade gelegen, ihm seinen Wunsch bezüglich der Heirat mit der Prinzessin, zu erfüllen.
Regisseur Arnim Beutel bringt eine zauberhafte Inszenierung auf die Bühne, die einerseits in die Märchenwelt des Orients entführt, andererseits modern und pfiffig daherkommt und durchaus für viel Gelächter im Publikum sorgt. An seiner Seite sorgt Ausstatterin Sabine Pommerening für eine Farbenpracht auf der Bühne. Besonders Bao Bao mit seiner leuchtenden Pluderhose ist eine Augenweide. Großes Lob verdient auch das fünfköpfige Schauspielteam, das, zumeist in Doppelrollen besetzt, eine bewundernswerte Leistung abliefert. Ein schönes Weihnachtsmärchen – unbedingt sehenswert.

Inszenierung:Arnim Beutel
Bühne und Kostüme:Sabine Pommerening
Dramaturgie:Ulrike Lenz
Kittifix / Sultan:  Tino Kühn
Bao Bao / Großwesir:  Kevin Körber
Hannibal / Mutter:  Laura Bettinger
Smillina / Sir William:  Marie Luise Stahl
Aladin:  Andreas Mittermeier
Fotos: Peter Scholz
Premiere:29. Oktober 2016
Theater Rudolstadt